Künstliche Intelligenz zwischen Science-Fiction und Beethoven – Was kann sie heute schon und wo sind die Grenzen?

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Wir alle kennen Sie aus Science-Fiction-Filmen und dystopischen Geschichten: Die intelligenten Maschinen, die Menschen unterdrücken und die Macht an sich reißen. Zum Glück sind das nur spannende Geschichten, aber was ist dran an dem Mythos von den intelligenten Maschinen?

Das Thema Künstliche Intelligenz (kurz KI) ist in aller Munde, überall hört man, was KIs bereits leisten und welche Arbeit sie in Zukunft übernehmen können. Aber was ist Künstliche Intelligenz überhaupt?
Künstliche Intelligenz besitzt ein Computer, wenn er nicht nur die Befehle ausführt, die ihm gegeben werden, sondern wenn er dazu lernen kann – er sozusagen menschliche Intelligenz imitiert und sich anhand der Informationen, die man ihm gibt, weiterentwickelt. Dabei lässt sich die Intelligenz des Computers nicht mit der eines Menschen vergleichen. Zwar verfügt eine KI über ein künstliches neuronales Netzwerk, ist aber momentan ungefähr auf dem Stand eines vierjährigen Kindes. Trotzdem wird KI schon in vielen Bereichen genutzt, zum Beispiel bei Sprachsystemen wie Siri und Alexa oder für das Sortieren und die Pflege von Kundendaten, Rechnungen, Bauteilen etc.

Das klingt erst einmal nach Fortschritt, nach neuen Möglichkeiten, lästige Arbeit abzugeben und technisch voran zu kommen. Aber man fragt sich gleichzeitig auch, wie es weitergeht, wenn KIs sich weiter so rasch entwickeln: Was können Sie dann in 10 oder 20 Jahren? Wo sind die Grenzen?

In letzter Zeit überschlagen sich die Meldungen, was KIs geschafft haben: Sie können Bilder malen, lösen Probleme, erkennen Risiken, entwickeln Antibiotika – jetzt komponiert eine KI sogar Beethovens 10. Sinfonie fertig.
Zu Beethovens 250. Geburtstag haben Wissenschaftler in Bonn sich ein spannendes Projekt überlegt: Sie wollen eine KI so programmieren, dass sie Beethovens 10. Sinfonie vollenden kann. Als Ludwig van Beethoven starb, lag seine 10. Sinfonie skizzenhaft und unvollendet in seinem Schreibtisch. Seit Juni 2018 haben Wissenschaftler nun eine KI mit möglichst vielen Noten Beethovens und vor allem Informationen über ihn, Komponisten-Kollegen und Musik im Allgemeinen gefüttert. Mit diesem Wissen kann die KI eine Version der Sinfonie erstellen, die am wahrscheinlichsten Beethoven entspricht. Im April 2020 soll die 10. Sinfonie dann aufgeführt werden. Dabei sollte man wahrscheinlich nicht zu viel erwarten, denn die KI hat keine Kreativität oder Sinn für Musik. Sie macht aus den Infos, die sie von den Wissenschaftlern bekommt, neues Material, das zu den Fragmenten Beethovens passt. Die Wissenschaftler können dieses Material weiterentwickeln und anpassen.

Bei all der Begeisterung und medialen Aufmerksamkeit gibt es auch viele Kritiker. Sie fragen, ob es ethisch vertretbar sei, einen Computer ein Werk eines musikalischen Genies vollenden zu lassen – das könne doch nie an die Musikalität und Kreativität Ludwig Beethovens herankommen.
Tatsächlich sind gerade Aufgaben, in denen es um Emotionen und Kreativität geht, problematisch für eine KI. Für bestimmte Prozesse sind auch logische und vor allem emotionale Intelligenz notwendig, Menschen entscheiden nicht nur nach Wissen und Information, im Gegensatz zur KI. Eine KI hat keine emotionale Intelligenz, kann nie Empathie empfinden oder Moralvorstellungen entwickeln. Künstliche Intelligenz ist heute noch lange nicht so weit wie wir glauben, wir stehen in diesem Bereich noch ganz am Anfang. Trotzdem ist jetzt die richtige Zeit, um über digitale Ethik zu diskutieren: Was darf eine KI in Zukunft? Wo ist es ethisch vertretbar, den Menschen durch eine KI zu ersetzen? Und wollen wir wirklich, dass eine KI Aufgaben übernimmt, für die ein Mensch das Menschlichste überhaupt nutzen würde – seine Emotionen?

(Saskia Bremer, 2020, Artificial Attack)